Hey! Schön, dass du den Weg zu meiner Seite gefunden hast. Mein Name ist Sina Rößmann, bin 19 Jahre alt und leide seit 2019 an der Autoimmunerkrankung „Alopecia Areata“. Mein Wunsch ist es, anderen Betroffenen Mut zu schenken, damit auch sie in Zukunft offener mit ihrer Krankheit umgehen können und das sie sehen, dass sie damit nicht allein sind. Auf dieser Seite findest du deshalb unter anderem Geschichten von vielen anderen Alopecia Betroffenen, mit ihren individuellen Erfahrungen und Tipps für dich. Ich freue mich, dass du hier bist. 

Wie alles begann…

Es war Januar 2019, als wir plötzlich eine kahle Stelle an meinem Hinterkopf entdeckt haben, sie war so groß wie eine 2 Euro Münze. Ab da änderte sich für mein damals 14 Jähriges Ich alles. Plötzlich wurden meine Haare zum Top Thema. Von einem Arzt zum nächsten, eine Behandlungstinktur nach der anderen, auf der Suche nach einer Diagnose. Bis wir irgendwann die offizielle Diagnose „Alopecia Areata“ bekommen haben, ist einige Zeit ins Land gegangen, hat dann aber auch nichts mehr verändert. Denn innerhalb von 6 Monaten sind alle meine Haare ausgefallen.

Glatze also. Früher hätte ich niemals gedacht, dass ich, Sina, mal einen ganz kahlen Kopf haben werde. Anfangs konnte ich die kreisrunden Stellen noch gut mit einem Zopf, oder später, einer Cap bedecken. Irgendwann war das aber nicht mehr möglich und ich bekam auch schon mit, wie einige aus meinem Umfeld spekuliert haben, warum ich denn kahle Stellen am Kopf hätte. Es musste also eine Lösung her und so bekam ich im Frühjahr 2019 meine erste eigene Perücke. Diese gab mir ein großes Stück Sicherheit zurück, weil erstmal gar nicht mehr aufgefallen ist, dass ich keine Haare mehr hatte. Gottseidank.

Aber bei den Haaren auf dem Kopf sollte es nicht bleiben. Im Laufe der Zeit sind dann auch meine Wimpern und Augenbrauenhaare ausgefallen. Anfangs beließ ich es einfach dabei, doch irgendwann traute ich mich, einen Augenbrauenstift und Eyeliner auszuprobieren, um meinem Gesicht mal wieder ein bisschen Ausdruck zu verleihen. Es brauchte ein bisschen Übung, aber dennoch sind sind beide Gadgets seitdem mein täglicher Begleiter.

Mein persönlicher Wendepunkt

Auch wenn es sich mit der Perücke gut leben ließ, kam in mir nach fast einem Jahr mit Alopecia der Gedanke auf, ob ich meinem Umfeld nicht vielleicht einfach von der Krankheit erzählen sollte. Zum damaligen Zeitpunkt wussten nur meine Familie und engsten Freunde darüber Bescheid. Und so wagte ich also den großen Schritt und erzählte meiner Schulklasse davon. Ich war in der 10. Klasse und es war der letzte Tag vor den Weihnachtsferien bei einem gemütlichen Frühstück mit der Klasse. Ich ging bewusst an diesem Tag mit Mütze zur Schule. Es war das erste Mal, seit ich die Perücke hatte, dass ich mich mit Mütze aus dem Haus traute. Mega aufgeregt stand ich plötzlich vor der Klasse und alle Augen waren auf mich gerichtet. Die Worte die ich mir zurechtgelegt hatte waren verschwunden. Natürlich gingen in der Vergangenheit in der Klasse schon Gerüchte umher, was ich denn haben könnte und das ich nun etwas erzählen würde war durch die Mütze ja auch offensichtlich für die Mitschüler.

Und so fing ich an zu erzählen. Nach den ersten Worten merkte ich aber schon, wie sich Tränen sammelten und dabei waren ihren Weg zu finden. Dank eines Mitschülers, dessen Handy in diesem Moment plötzlich anfingen zu klingeln, mussten alle einmal lachen und ich hatte kurz Zeit mich zu fassen. Ab da hat dann auch alles funktioniert. Ich habe meine Klasse über meine Krankheit aufgeklärt und ihnen mitgeteilt, dass ich ab heute auch häufiger mal mit Mütze zur Schule kommen werde, anstelle meiner Perücke. Je nachdem, wie ich eben Lust habe. Es wurde von allen positiv aufgenommen. Danach fiel mir ein großer Stein vom Herzen und ich fing erstmal im Arm meiner Freundin an zu weinen, weil ich so überwältigt war von meinen Emotionen. Dieser Tag war mein persönlicher Wendepunkt, weil es mein erster Schritt war offen mit der Krankheit umzugehen. Hätte es diesen Tag nicht gegeben, wäre mein Leben wahrscheinlich ganz anders verlaufen. 

Mein Leben heute

Der Tag an dem ich es damals öffentlich gemacht habe, hat so ziemlich alles andere was seitdem folgte ins Rollen gebracht. Denn mittlerweile gehe nicht nur mit Perücke oder Mütze aus dem Haus, sondern trage auch super gerne meine Glatze. Ich schäme mich nicht dafür, sondern bin sogar immer sehr gespannt, wie mein Umfeld auf meinen kahlen Kopf reagiert. Denn üblich ist eine Glatze bei Frauen ja eher nicht. Bis ich an diesen Punkt angelangt bin, mich mit meiner Glatze überall hin zu trauen, außer in den Garten, verging natürlich auch eine gewisse Zeit. Kam nicht von heute auf morgen. An einem Tag jedoch dachte ich mir spontan: „Hey, geh doch einfach mit Glatze einkaufen. Das macht den Einkauf spannender, ich gehe noch weiter aus meiner Komfortzone und kann schauen, wie das Umfeld darauf reagiert.“ Zuvor habe ich meine Glatze zwar auch schon in einigen Fernsehbeiträgen gezeigt, aber im eigenen Wohnort damit vor die Haustür zu gehen war dann doch nochmal etwas anderes. So persönlich irgendwie. Umso glücklicher bin ich heute, dass ich mittlerweile überall mit meiner Glatze hingehen würde.

Besondere Erfahrung im Alltag

Es war eines Morgens, als ich mit meiner Mama einkaufen war. Alopecia hatte ich da bereits 2 Jahre. Ich trug eine Mütze wie schon häufiger, als uns beiden im Laden eine Frau auffiel, die vermehrt zu mir schaute. Wir haben uns zunächst nichts dabei gedacht und sie irgendwann auch nicht mehr gesehen. Doch als wir später ins Auto einsteigen wollten, stieg die Frau plötzlich aus ihrem Auto aus und kam ganz aufgelöst auf uns zu. Sie kam zu mir auf die Beifahrerseite, drückte mich halb von der Seite und gab mir 50 Euro. Ganz aufgeregt und mit Tränen in den Augen sagte sie zu mir, dass ich mir damit was schönes kaufen solle. Sie sagte noch sowas wie, dass wir zusammenhalten müssen und signalisierte uns dann, dass sie Brustkrebs habe. Vermutlich hatte meine Mütze und die Tatsache, dass ich da noch keine Augenbrauen gemalt hatte, den Anschein erweckt, dass ich Krebs hätte. Wir haben sie dann aufgeklärt und ihr gesagt, dass ich kein Krebs habe und meine Haare nicht deshalb ausgefallen sind. Es ging alles sehr schnell und endete damit, dass die Frau kurze Zeit später wieder in ihr Auto stieg und wegfuhr. Vollkommen perplex blieben wir zurück und wussten gar nicht genau, was in den letzten Minuten überhaupt passiert ist. Bis heute haben wir sie leider nie wiedergesehen, obwohl es doch noch so viel zu sagen gegeben hätte…